Dienstag, 26. März 2013

Über die Zerstreuungen im Gebet und die Gegenmittel

Der heil. Bischof Ludger betete immer sehr andächtig sein Brevier. Als er eines Tages mit einem seiner Geistlichen betete und bemerkte, dass dieser Geistliche während des Gebetes sehr unachtsam und zerstreut war, gab er ihm einen scharfen Verweis und legte ihm eine mehrtägige Buße auf. 
Es hielt aber der heil. Bischof so strenge auf die Andacht und innerliche Sammlung beim Gebete, weil ein zerstreutes Gebet Gott mißfällt, wie er selbst sagt beim Propheten: „Sie ehren mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit von mir." (Is. 29.) Und weil ein solches Gebet keine Erhörung findet. 


Jedoch bemerke hier, nur freiwillige Zerstreuungen beim Gebete sind schädlich und Gott mißfällig.
Diese freiwilligen Zerstreuungen kommen aber daher, dass man seinen fünf Sinnen, besonders seinen Augen und auch seinen Einbildungen und Gedanken, zu viel Spielraum gibt und über das Herz nicht wacht. — 


Sobald du Zerstreuung im Gebete wahrnimmst, und nicht dagegen kämpfst, sondern denselben nachhängst und kein Mittel anwendest, dann wird dein Gebet Gott mißfallen und dir nichts nützen. — Es können aber die Zerstreuungen unfreiwillig sein und sehr oft ist dies der Fall.

Sie kommen zum Teil vom bösen Feinde her, der wohl weiß, daß das Gebet für uns das Mittel ist, durch welches uns alles Gute zufließt und daher auch alle Mühe anwendet, um uns vom Gebete abzuhalten oder auch unsere Andacht zu stören. Zum Teil kommen die Zerstreuungen auch von unserer Gebrechlichkeit und Schwachheit her, die so groß ist, daß wir ohne Gottes Hilfe nicht einmal etwas Gutes denken können. —

Nun merke dir, christliche Seele, wenn die Zerstreuungen im Gebete nicht freiwillig, wenn sie dir zuwider sind, wenn du dagegen zu streiten, sie auszuschlagen suchst, so sei guten Mutes, dein Gebet ist dennoch Gott angenehm und verdienstlich, wenn du anders in der Gnade Gottes steh st; Gott sieht auf deinen guten Willen.
Übrigens sollst du nicht unterlassen, Mittel gegen die Zerstreuungen anzuwenden. Ich will dir einige angeben:

1) Stelle dich, sobald du betest, in die Gegenwart Gottes, das heißt, denke, daß Gott dir nahe ist, daß er auf dich sieht, daß du mit ihm redest.

2) Rufe Gott zu Hilfe, indem du etwa sagest: „Herr lehre mich beten," oder „o Gott, merke auf meine Hilfe, Herr, eile mir zu helfen!"

3) Stelle dir, wenn du betest, ein Bildnis vor Augen oder bete vor dem heiligsten Altarssakramente.

4) Schlage deine Augen nieder und halte sie strenge im Zaume.

5) Verrichte unter dem Gebete öfters kleine Stoßgebete oder -seufzer, z. B. „Herr, ich leide Gewalt, antworte für mich," oder „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner," oder „Stärke mich, Herr, in dieser Stunde."

6) Bedenke, dass du im Gebete das Geschäft der Engel tust und daß sie dein Gebet vor den Thron Gottes bringen.

Wenn du nun diese und dergleichen Mittel anwendest, dann sei getrost, und ergib dich in Gottes Willen, der die Versuchungen zuläßt und merke dir, was der Heiland einst zur heiligen Gertrud sagte, als sie sich über ihre Zerstreuungen beklagte: „Du sollst meine Tochter, für recht gewiß wissen, dass die bösen Gedanken, gegen welche das Gemüt kämpft und welche es verabscheut, eine Reinigung der Seele und eine Krone sind!" —

Gebet. Mein Herr und Gott gib mir gnädig den guten Geist der Andacht, und hilf mir, daß ich den Zerstreuungen im Gebete allzeit widerstehe und immer nur auf dich und deinen heiligen Willen alle meine Gedanken und Begierden richte. Amen.
alles aus: Legende von den lieben Heiligen Gottes. Nach den besten Quellen bearbeitet und herausgegeben. Stadtpfr. Georg Ott, mit oberhirtlicher Gutheißung, Verlag F. Pustet, 1858  

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