Dienstag, 12. März 2013

Vollständige Ölbergandacht aus einem Gebetbuch von 1950

Diese Ölbergandacht ist aus dem Gebetbuch „Gottesdienst“ des Erzbistums München-Freising, als noch der herausragende Kardinal Faulhaber dort Erzbischof war. 

Christus am Ölberg
Friedrich Overbeck
1. Worte der Heiligen Schrift
Nach dem letzten Abendmahle ging Jesus mit seinen Jüngern auf den Ölberg, in einen Garten bei dem Landhause Gethsemani. Da sprach er zu seinen Jüngern: „Setzt euch hier nieder, während ich dorthin gehe und bete.“ Nur Petrus, Jakobus und Johannes nahm er mit sich. Plötzlich fing er zu zittern und zu zagen an und sprach zu den Seinen: „Meine Seele ist zu Tode betrübt; bleibt hier und wacht mit mir! Und er ging ein wenig weiter, warf sich zu Boden und betete: Abba, Vater! Dir ist alles möglich, nimm diesen Kelch von mir. Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst.“

Betrachtung: 
Versenke dich, meine Seele recht tief in das Leiden und die Liebe des Herrn. Du siehst ihn totenbleich, voll tiefer Traurigkeit über deine Sünden, voll Bangen vor dem furchtbaren Gottesgericht, das über die Sünde ergehen soll. Dieses Gericht wird auf ihn niederbrechen, weil er unsere Schuld auf sich genommen hat und unser Sühnopfer werden will
Lass ab von der Sünde. Lass dich erfüllen mit heilsamer Furcht vor dem Gerichte Gottes. Betrachte, wie Jesus sein bitteres Leiden mit einem Gebet beginnt und wie er in seiner Verlassenheit nur bei seinem Vater im Himmel Trost und Hilfe sucht. Sein inständiges Flehen ist voll Ergebung in Gottes heiligen Willen. 
In all deinen Anliegen und Leiden halte dich an das Gebet, denke an die Ergebung deines Heilandes und ahme sie nach!

Gebet (alle zusammen)
Herr Jesus Christus! Lass uns dein heiliges, bitteres Leiden dankbar betrachten. Erfülle unser Herz mit treuer Liebe zu dir und mit aufrichtiger Reue über unsere Sünden. 
In Versuchungen und Leiden wollen wir deiner Todesangst am Ölberg gedenken, im Gebet wollen wir Kraft und Trost suchen und uns ganz in den Willen deines Vaters ergeben. 
Um diese Gnade bitten wir dich, durch die Verdienste deiner ersten Leidenstunde.


Christus am Ölberg
Bildquelle

2. Worte der Heiligen Schrift
Jesus stand auf, ging zu seinen Jüngern zurück und fand sie schlafend. Er sprach zu Petrus: „Simon du schläfst? Nicht einmal eine Stunde konntest du wachen? Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet! Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach. Dann entfernte er sich zum zweiten Mal weg und betete: 
„Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille. (Mt 26,40-42)

Betrachtung: 

Die Traurigkeit, Verlassenheit und Seelenangst drängen den Heiland, seine Jünger aufzusuchen. Aber statt Trost findet er hier neuen Schmerz: sie haben seine Mahnungen zu beten nicht befolgt; sie haben auf sein bitteres Leiden vergessen, und während er in Todesangst rang, haben sie geschlafen. Aus wehem Herzen klagt Jesus und mahnt seine Jünger zur Wachsamkeit und zum Gebet. 
Wie oft machen wir es wie die Jünger. Wir vergessen das bittere Leiden des Herrn, vernachlässigen das Beten, verfallen in den Schlaf der Sorglosigkeit und Lauheit und zuletzt in den Schlaf der Sünde. „Wach auf, der du schläfst, und erhebe dich von den Toten, damit Christus dich erleuchet!“


Gebet (alle zusammen)
Herr Jesus Christus! In jeder Versuchung mahne uns an dein bitteres Leiden und an unsere einstige Todesangst. So lass uns standhaft widerstehen. 
Wir nehmen uns ernst und fest vor: wir wollen nicht nachlässig und schläfrig werden im Beten und im geistlichen leben. Dein Beten und Leiden am Ölberg soll uns in jeder Versuchung stärken. So wird uns nichts von deiner Liebe trennen. 
Darum bitten wir dich, Herr Jesus Christus, durch die Verdienste deiner zweiten Leidensstunde. Amen.




Christus am Ölberg
Albrecht Altdorfer:
Sebastiansaltar
3. Worte der Heiligen Schrift
Abermals kam Jesus zurück zu seinen Jüngern und fand sie wieder schlafend. Die Augen waren ihnen schwer geworden und sie wussten nicht, was sie ihm antworten sollten. Er ließ sie da, ging noch einmal hin und betete zum dritten Mal mit den gleichen Worten. 
Jetzt befiel ihn Todesangst und erbetete noch inständiger. Sein Schweiß ward wie Blutstropfen, die zur Erde rannen. Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. 
Jesus erhob sich vom Gebet, ging zu seinen Jüngern zurück und sprach: „Ihr schlaft und ruht euch aus? Genug. Jetzt ist die Stunde da: der Menschensohn wird in die Hände der Sünder überliefert. Steht auf, lasst uns gehen! Seht, mein Verräter, naht!“ 
Während er noch redete, kam schon Judas mit einer großen Schar, um ihn gefangen zu nehmen. 

Betrachtung: 
Zweimal schon hat der Heiland gebetet, ohne Erhörung zu finden; aber die Geduld, die Ergebenheit und das Vertrauen verlassen ihn nicht. Beharrlich betet er weiter. 
Während er betet, treten unsere Sünden, die unsäglichen Qualen seines Sühnetodes und die Gerechtigkeit Gottes in furchtbarer Gestalt vor seine Seele*
Sie pressten ihm das Blut aus dem Leibe. Er weint, wie der heilige Bernhard sagt, über unsere Sünden nicht bloß mit Tränen aus den Augen, sondern auch mit Blut aus seinem heiligen Leibe. 
Wer könnte es da noch übers Herz bringen, weiter zu sündigen und dieses Leiden des Herrn undankbar und herzlos zu verachten? 

Gebet (Vorbeter): 
Herr Jesus Christus! Mit deiner Todesangst und dem blutigen Schweiß hast du unsere Erlösung angefangen. 
Deine Erniedrigung hat uns erhöht, dein Gehorsam hat uns frei gemacht und deine Todesangst hat uns mit Trost und Kraft erfüllt. Für all dies danken wir dir von ganzem Herzen und wollen jetzt und immer deine Liebe und Erbarmung preisen. 
Lass es aber nicht geschehen, dass du umsonst für uns gelitten hast, sondern mache uns der Früchte deiner Leiden teilhaftig.

A: 
Herr Jesus Christus! Zieh uns an dich, stärke uns, wenn wir schwach werden wollen, wecke uns, wenn wir einschlummern möchten. Gib uns ein bußfertiges Herz! 
Dein Leiden auf dem Ölberg stehe uns auf allen Wegen unseres Lebens vor Augen. Es stärke uns im Kampf gegen die Sünde, es tröste uns in Schmerz und Trübsal. Wenn einmal unsere letzte Stunde kommt und die Todesangst auf uns niederfällt, dann, guter Jesus, lindere durch deine Todesangst die unsere und führe uns in die ewigen Freuden ein, die du uns durch dein bitteres Leiden erkauft hast. 
Um all dieses bitten wir dich durch die Verdienste deiner ersten, zweiten und dritten Leidensstunde. Amen. 

*Das kam durch sein göttliches Vorherwissen aller zukünftigen Umstände, denn Jesus Christus ist ja nicht nur wahrer Mensch, sondern auch wahrer Gott, da er die zweite Person, der Sohn, in Gott ist.


Siehe auch: 
Predigt von Prälat Georg May Unser Herr am Ölberg
und 
Kreuzweg beten, warum?
und
Das Deutsche Liturgische Institut über Ölbergandachten hier


Siehe auch zum besseren Verständnis sowohl der Ölbergandacht als auch des Kreuzweges
und 
Warum musste Jesus Christus für uns sterben?

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