Dienstag, 7. Mai 2013

Von der brüderlichen Zurechtweisung, zum Fest des hl. Stanislaus, Bischof und Märtyrer

Stanislaus von Krakau lebte von 1030 bis 1079, er wurde 1253 von Papst Innozenz IV. heiliggesprochen. Sein Feiertag ist der 7. Mai. Heiligenlegende hier, Brevierlesung hier 

Von der brüderlichen Zurechtweisung
alles aus: Legende von den lieben Heiligen Gottes. Nach den besten Quellen bearbeitet und herausgegeben. Stadtpfr. Georg Ott, mit oberhirtlicher Gutheißung, Verlag F. Pustet, 1858

Der heilige Stanislaus ist ein Opfer seiner Nächstenliebe und seiner Pflicht geworden. Um den unglücklichen König vom Verderben zu retten und die Gläubigen vor dessen bösem Beispiel zu bewahren, öffnete er seinen Mund und mahnte und warnte mit heißem Flehen den Sünder, und als sein Mahnen nichts half, ergriff er das Mittel der Strafe. Er richtete zwar bei dem gottlosen Könige nichts aus; er mußte sogar eines grausamen Todes sterben, aber sein Andenken ist unsterblich und ewige Herrlichkeit hat ihm Gott zum Lohne gegeben.


Nimm dir nun, christliche Seele, ein Beispiel an dem Heiligen. Wenn du nämlich siehst und gewiss weißt, dass dein Mitbruder in eine schwere Sünde gefallen ist, oder in der Gefahr schwebt, in eine Sünde zu fallen, so schweige dazu nicht, sondern warne und mahne ihn mit aller Sanftmut und Liebe, aber ja nicht mit Heftigkeit und Zorn. Du musst seine Person schonen und nur seine Sünde angreifen. Ein gutes Wort findet ein gutes Ort.
Zur Sünde deines Nächsten schweigen, würde auch dich in die Sünden stürzen. (Buchtipp: Fremde Sünden und Ärgernis von Prälat Georg May) 

Kannst du selbst deinen Mitmenschen nicht warnen; erkennst du, dass er auf dein Wort nicht merkt, dass er vielleicht gar noch boshafter wird, dann sage es denen, welche die Pflicht haben, zu reden, aber wohlgemerkt, du musst von dem bösen Wandel deines Nächsten überzeugt sein, damit du ihm nicht unrecht tust. 


Wenn du aber die Pflicht hast, über das Betragen deines Mitmenschen zu wachen, wie z. B. die Eltern über ihre Kinder, die Priester, die Lehrer, die Lehrmeister, die Obrigkeiten etc., dann darfst du nie schweigen und mußt die Untergebenen mahnen, warnen und sogar auch strafen. Aber doch soll es jedesmal im Geiste der Liebe und mit der Absicht geschehen, den Nächsten zu bessern und von seinem bösen Wandel abzubringen. 


Wenn du auf solche Weise deinen Mitmenschen gewinnest, so wird dir eine große Belohnung zu Teil werden; denn der heilige Jakobus sagt: „ Meine Brüder, wenn Jemand unter euch von der Wahrheit abirrt, und einer ihn zurückführt, der wisse, dass, wer einen Sünder von seinem Irrwege zurückführt, eine Seele vom Tode errette und die Menge der Sünden bedecke." (5,9,10.) 

Lasse dich also aus feiger Menschenfurcht oder Gefälligkeit nicht abhalten, deinen fehlenden Mitmenschen freundlich zu warnen und zurechtzuweisen; noch weniger aber, wenn du die Pflicht hast, zu reden; du würdest deinen Mitmenschen und dich selbst ins Verderben stürzen.

Gebet. O mein Gott, der du ganz Liebe bist, gib mir eine recht innige Liebe zu dem Nächsten und lasse nie zu, dass ich schweige, wo ich reden soll zu deiner Ehre und zum Heile der Seelen. Amen.


Papst Benedikt XVI. mahnte in seiner Botschaft für die Fastenzeit 2012 an, sich wieder auf diese Dimension der christlichen Nächstenliebe zu besinnen, die als "die Sünder zurechtweisen" eines der sieben Werke der geistlichen Barmherzigkeit ist.
Leider steht in dem Fastenhirtenbrief nicht auch, dass man sich auch fremder Sünden mitschuldig macht, wenn man schweigt oder diese Sünden gar gut heißt, ein Aspekt, der oben und hier herausgearbeitet ist.

"(...) Auf die Brüder und Schwestern zu „achten“ beinhaltet auch die Sorge um ihr geistliches Wohl. Und hier möchte ich an einen Aspekt des christlichen Lebens erinnern, von dem ich meine, daß er in Vergessenheit geraten ist: die brüderliche Zurechtweisung im Hinblick auf das ewige Heil. Heutzutage ist man generell sehr empfänglich für das Thema der Fürsorge und der Wohltätigkeit zugunsten des leiblichen und materiellen Wohls der Mitmenschen, die geistliche Verantwortung gegenüber den Brüdern und Schwestern findet hingegen kaum Erwähnung.  
Anders war dies in der frühen Kirche und ist es in den wirklich im Glauben gereiften Gemeinden, wo man sich nicht nur der leiblichen Gesundheit der Brüder und Schwestern annimmt, sondern mit Blick auf ihre letzte Bestimmung auch des Wohls ihrer Seele. In der Heiligen Schrift lesen wir: „Rüge den Weisen, dann liebt er dich. Unterrichte den Weisen, damit er noch weiser wird; belehre den Gerechten, damit er dazulernt“ (Spr 9,8f). Christus selbst befiehlt, einen Bruder, der sündigt, zurechtzuweisen (vgl. Mt18,15). Das Zeitwort elenchein, das hier für die brüderliche Zurechtweisung verwendet wird, ist dasselbe, das die prophetische Sendung der öffentlichen Anklage bezeichnet, die Christen gegenüber einer dem Bösen verfallenen Generation erfüllen (vgl. Eph 5,11).  
In der kirchlichen Tradition zählt „die Sünder zurechtweisen“ zu den geistlichen Werken der Barmherzigkeit. Es ist wichtig, sich wieder auf diese Dimension der christlichen Nächstenliebe zu besinnen. Vor dem Bösen darf man nicht schweigen. 
Ich denke hier an die Haltung jener Christen, die sich aus menschlichem Respekt oder einfach aus Bequemlichkeit lieber der vorherrschenden Mentalität anpassen, als ihre Brüder und Schwestern vor jenen Denk- und Handlungsweisen zu warnen, die der Wahrheit widersprechen und nicht dem Weg des Guten folgen. Die christliche Zurechtweisung hat ihren Beweggrund jedoch niemals in einem Geist der Verurteilung oder der gegenseitigen Beschuldigung; sie geschieht stets aus Liebe und Barmherzigkeit und entspringt einer aufrichtigen Sorge um das Wohl der Brüder und Schwestern.  
Der Apostel Paulus sagt: „Wenn einer sich zu einer Verfehlung hinreißen läßt, meine Brüder, so sollt ihr, die ihr vom Geist erfüllt seid, ihn im Geist der Sanftmut wieder auf den rechten Weg bringen. Doch gib acht, daß du nicht selbst in Versuchung gerätst“ (Gal 6,1). In unserer vom Individualismus durchdrungenen Welt ist es notwendig, die Bedeutung der brüderlichen Zurechtweisung wiederzuentdecken, um gemeinsam den Weg zur Heiligkeit zu beschreiten. Selbst „der Gerechte fällt siebenmal“ (Spr 24,16), heißt es in der Heiligen Schrift, und wir alle sind schwach und unvollkommen (vgl. 1 Joh 1,8). 
Es ist also ein großer Dienst, anderen zu helfen und sich helfen zu lassen, zu aufrichtiger Selbsterkenntnis zu gelangen, um das eigene Leben zu bessern und rechtschaffener den Weg des Herrn zu verfolgen. (...)"
http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/messages/lent/documents/hf_ben-xvi_mes_20111103_lent-2012_ge.html


Keine Kommentare:

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...