Donnerstag, 17. Juli 2014

Von der wahren gottgefälligen Armut

Homilie zu dieser Heiligenlegende des hl. Alexius:

Lieber, christlicher Leser! wenn ich dir sagte, du sollst diesen Heiligen nachahmen, so würdest du wohl über ein solches Begehren zu Recht staunen und mir antworten:
„Wie kann ich das?" Ja, du magst mir auch erwidern, dass Gott so etwas von dir nicht verlange und dass du auch auf andere Weise heilig und selig werden könnest.

Du hast recht, denn Gott führt oft seine Heiligen auf Wege, die man bewundern muss, die aber nicht immer nachzuahmen sind. Dennoch gibt auch das wunderbare, außerordentliche Leben mancher Heiligen gewisse Fingerzeige, denen wir folgen müssen, wenn wir selig werden wollen. 


Die vollständige Entblößung des heiligen Alexius von allem, was dem Menschen lieb und teuer ist, seine vollständige Bekämpfung aller, selbst natürlicher, Gefühle weisen auf jenes Wort des Heilandes hin: „Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich." 

Ich sage es dir gerade heraus, lieber Christ! ohne Armut kommst du nicht in den Himmel: arm musst du vor Gott werden, arm an aller Lust der Welt, arm an allem Genusse der eitlen Freuden der Weltkinder, arm an Ehrgeiz, am Stolze, an allem Eigensinne, arm an Anmaßung und hohem Streben, das heißt, du musst wahrhaft demütig werden, dich vor Gott verachten, der Geringste und Letzte im Reiche Gottes sein wollen und es tief im Herzen fühlen und überzeugt sein, wie du ohne Gott gar nichts bist und vermagst. 

Zu dieser Armut gelangst du, wenn du deine Armseligkeit, deine Sündhaftigkeit, deine Schwäche aufmerksam betrachtest und zugleich deinen Blick auf Jesus richtest, der von seiner Geburt an bis zu seinem Tode die Niedrigkeit und Verachtung sich erwählte! Je mehr du in dieser Armut zunimmst, je mehr du von dir selbst leer wirst, desto reicher wirst du vor Gott an Gnaden und Wohlgefallen. 

Ferner musst du auch arm werden an den Gütern dieser Welt. Bist du schon von Gott in einen armen Stand gesetzt, hast du ohnehin mit Not und Mangel zu kämpfen, so sei mit deinem Stand zufrieden und denke an die unbeschreibliche Armut Jesu und seiner Mutter.

Ach wie wenig bedarf der Mensch, und doch wie viel will er immer haben! Ein armer Mensch, der so begierig ist, nach Geld und Hab und Gut, der ist vor Gott nicht arm, denn Gott sieht auf den Willen!

Hat dir aber Gott die Güter dieser Welt beschieden: bist du reich, vermögend, dann hänge ja dein Herz nicht an dies vergängliche Gut. Nimm es dir tief zu Herzen, wie du einst im Tode alles verlassen musst, und wie Gott nimmermehr den lieben kann, der den ungerechten Mammon liebt. 

Es gibt viele Heilige im Himmel, die auf Erden reich mit Gütern gesegnet und dabei doch wahrhaft arm waren. Es waren ihnen nämlich ihre Güter ganz gleichgültig und sie benutzten dieselben nur, um damit recht viel Gutes zu stiften.

Endlich musst du auch arm werden an der Liebe zu den Geschöpfen, Jesus will dein ganzes Herz besitzen und Er spricht auch zu dir: „Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert." (Matth. 10.37)

Gott verlangt von dir nicht, dass du, wie der heilige Alexius, sogar deine natürliche Liebe zu Eltern, Freunden, Ehefrau oder Kind, unterdrückst und sie gar verlässt, aber das verlangt er von dir, dass du Ihn mehr als diese, ja mehr als dein eigenes Leben liebst, dass du dich durch kein Geschöpf von der Liebe deines Gottes und
Herrn trennen lässt, wie der heilige Apostel sagt. (Röm. 8, 38.)

O christliche Seele, trachte aus allen Kräften nach dieser gottgefälligen Armut; du gewinnst damit alles, du gewinnst Gott selbst, den unendlich reichen, schönsten Herrn, der da ist die Quelle aller Wonne, aller Seligkeit! 

Gebet. O mein Gott und Herr, mache doch mein Herz los von den Gütern dieser Erde und von den Geschöpfen dieser Welt; ja mache mich los von mir selbst. Siehe, ich werfe mich ganz in Deine Arme; ich weihe Dir mein Leben, ich opfere Dir alles, was ich habe; nimm alles hin, nur schenke mir Deine Liebe! Amen.
Alles aus: Legende von den lieben Heiligen Gottes. Nach den besten Quellen bearbeitet und herausgegeben. Stadtpfr. Georg Ott, mit oberhirtlicher Gutheißung, Verlag F. Pustet, 1858
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