Sonntag, 5. Oktober 2014

Highlights der Papstpredigt zur Synodeneröffnung

Kardinal Kasper sagte jüngst in einem amerikanischen Jesuitenmagazin, es komme sehr viel darauf an, was der Papst zur Synodeneröffnung sagen werde, welche Richtung er ihnen weisen werde.
Was sagte der Papst heute? Drei Sätze (chronologisch herausgegriffen) sind für progressive Augen mit Sicherheit wesentlich:
Gott »hoffte auf Rechtsspruch – doch siehe da: Rechtsbruch, und auf Gerechtigkeit – doch siehe da: Der Rechtlose schreit« (V. 7)
Diese Version steht bei Isaias 5,7 so nicht in der Vulgata-Bibel, die das Konzil von Trient bei öffentlichen Predigten, Lesungen. Disputationen und Auslegungen zur Verwendung festgelegt hat (Konzil von Trient, 4. Sitzung). 

Ich nehme an, bei dem obigen handelt es sich um eine moderne Einheitsübersetzung. Eine kurze Recherche im Internet ergab, dass auch z. B. die Erzabtei Beuron genau diese Version benutzt. 

In der deutschen  Übersetzung der Vulgata steht allerdings folgendes: 
Ich erwartete, dass er Recht übte, und siehe, er tat Unrecht, dass er Gerechtigkeit übe und siehe, da war Jammergeschrei. 
Die letzte Stelle, um die es besonders, geht heißt auf Latein: „et ecce clamor“.
Davon, dass "der Rechtlose schreit", steht dort also kein Wort. Auch im dazugehörigen Auslegungskommentar steht davon nichts.

Wo man aber sehr viel von den „Schreien der Rechtlosen“ hören kann, ist in der Befreiungstheologie. 
Bischof Kräutler, den Papst Franziskus kürzlich für seine geplante Umwelt-Enzyklika konsultierte, wies schon letztes Jahr darauf hin, dass Evangelii Gaudium Befreiungstheologie pur sei

Dass Papst Franziskus besonders mit der argentinischen Form der Befreiungstheologie sympathisiert, die sein Lehrer P. Scannone SJ erfunden hat (schon mehrmals in diesem Blog erwähnt), hat P. Scannone SJ selber gesagt und bestätigt hat dies auch Papstfreund Leonardo Boff, der ja sogar den künftigen, bis dahin noch nie dagewesenen Papstnamen schon vor der Wahl voraussagte.

Weiter sagte der Papst:

Und um diese Gier zu befriedigen, laden die schlechten Hirten den Menschen unerträgliche Lasten auf die Schultern, die zu tragen sie selber aber keinen Finger rühren.
Ich bin gespannt zu lesen, was Progressive hier genau verstehen, aber ich kann es mir ziemlich gut denken.

Der wichtigste Satz aus allem ist wohl:

Der Geist schenkt uns die Weisheit, die über die Lehre hinausgeht, um großherzig in wahrer Freiheit und demütiger Kreativität zu arbeiten.
"Weisheit, die über die Lehre hinausgeht…, Freiheit, ... Kreativität"

Wie das zu wohl verstehen ist, dazu muss man sich das jüngste Video von Kardinal Kasper ansehen und das im gleichen Post verlinkte Interview seines algerischen Mitbischofs lesen.

Außerdem helfen zum Verständnis dieser Stelle 
Kardinal Kaspers Aussagen in seinem jüngsten großen Interview bezüglich der Dogmatik und deren "Anwendung in der jeweiligen Zeit" und zur „sich in der Zeit ändernden Disziplin, die die Lehre (Dogmatik) in konkreten Situationen anwendet“. 
Das ganze Interview ist sehr interessant. Wenn man sich mit den Themengebieten und Begriffen der Befreiungstheologie etwas auskennt, sieht man, dass der Kardinal viele ihrer Ansichten wiedergibt und sogar vertritt.

Kurz zusammengefasst: Ich bin sicher, jeder Progressive freut sich über diese Predigt, weil sie ihm genügend Hinweise gegeben hat, in welche Richtung alles gehen wird.

Die ultra-progressiven, „reformorientierten“ Katholiken von National Catholic Reporter haben sich leider noch nicht mit einem Kommentar geäußert, noch ist es in Amerika zu früh. 
Doch ihre gerade erschienene Zusammenfassung der Eröffnungspredigt hört sich ziemlich gut gelaunt an. Das zweite von mir herausgepickte Zitat (über die schlechten Hirten) haben sie gleich im ersten Absatz besonders hervorgehoben.


Nachtrag: Ich wusste bei Abfassung dieses Eintrages schon, dass Radio Vatikan, die Papstpredigt recht frei übersetzt hat, da ich schon gestern den Originaltext auf der Vatikanseite nachgesehen habe, in dem "scienzia" steht, wo im Deutschen "Lehre" übersetzt wurde, was allerdings auch nicht "Wissen" heißt, wie heute "Die Welt" meldet, sondern Wissenschaft, habe aber darauf nicht hingewiesen, weil mir schon vor diesem Post von  Rorate caeli gut bekannt war, dass man besonders in der deutschsprachigen Sektion von Radio Vatikan hervorragend über die wahre Bedeutung der Worte des Papstes informiert ist.

Außerdem sei an Das "neue Genre" päpstlicher Ansprachen erfordert eine neue "Hermeneutik" erinnert.
Laut Welt steht Ähnliches wie "im neuen Genre päpstlicher Ansprachen" sogar in "Evangelii Gaudium":
Zum Glück ist sich Franziskus der Risiken von Missverständnissen von Beginn seines Pontifikats an bewusst gewesen. Er hat vorgebaut. Und in seinem bisherigen Hauptschreiben "Evangelii Gaudium" notiert, das Ziel sei nicht, "alle kleinen Details eines Textes zu verstehen. Das Wichtigste ist zu entdecken, was die Hauptbotschaft ist, die dem Text Struktur und Einheit verleiht."

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